Knapp 30.000 Neuerkrankungen pro Jahr beim Blasenkrebs (Harnblasenkarzinom oder besser Urothelkarzinom, weil sich der Krebs zuerst in der Schleimhaut des gesamten harnableitenden Systems einnisten kann) sind eine nicht zu erwartende Zahl im Verhältnis zur Bedeutung im Gesundheitswesen. Dabei sind etwa dreimal so viele Männer betroffen wie Frauen.
Vergleicht man die Zahl der erkrankten Männer mit den Erkrankungen mit Prostatakarzinom, so sind etwa doppelt so viele Prostata-Erkrankungen zu verzeichnen wie Blasenkrebs. Im Bewusstsein der Bevölkerung spielt das Urothelkarzinom eine unverhältnismäßig geringe Rolle im Vergleich zu Veröffentlichungen im Bereich Prostatakarzinom.
Diese Unterrepräsentierung hat verschiedene Ursachen: Wie die Inkontinenz befindet sich der Blasenkrebs im Bereich von gewachsenen Tabus. Das trifft natürlich auch auf die Prostata zu. Dieser Punkt führt aber gerade beim Urothelkarzinom dazu, dass der Krebs häufig sehr spät behandelt wird. Meist erfolgt die Behandlung in Richtung Blasenentzündung, weil es in der Regel die gleichen Symptome sind, die zu einer ärztlichen Untersuchung führen. Bisher gibt es keine aussagekräftige Früherkennungsmaßnahme, die von Krankenkassen getragen wird. Diese Tatsache und die Tabu- oder „Schmuddelecke“ führen häufig zu einem fortgeschrittenen Stadium bei der ersten Operation. Auch die medizinische und pharmazeutische Studienlage setzt erst im fortgeschrittenen Erkrankungsstadium ein. Beim Blasenkrebs muss allerdings immer operativ eingegriffen werden, während beim Prostatakrebs häufig nicht gleich operiert werden muss, vor allem, wenn der Krebs früh erkannt wurde. Vor allem bei Frauen ist der Krebs meist aggressiver.
Selbsthilfe – Selbsthilfegruppen Es gibt wohl kaum einen Menschen, der von der Diagnose Krebs nicht zutiefst betroffen ist und sich nicht aus seinem bisherigen Leben geworfen fühlt. Er sieht sich in seiner gesamten Existenz bedroht und ist extrem verunsichert, weil er das Gefühl hat, zu wenig über die Krankheit zu wissen, zu wenig zu verstehen, was die Mediziner ihm gesagt haben, zu wenig die nächsten Schritte beurteilen und für sich bewerten zu können.
In einer solchen Situation können Gruppen von Menschen, die gleiche oder ähnliche Erfahrungen gemacht haben, eine große Hilfe sein. Selbsthilfe bedeutet hier, dass Betroffene einander unterstützen: Die Erfahrenen, die Neubetroffenen – die Kenntnisreichen und Fähigen die Schwächeren.
Vor allem aber kann miteinander über die Krankheit und die damit verbundenen Sorgen, Nöte und Ängste offen gesprochen werden. Das Beispiel anderer Gruppenmitglieder zeigt, wie es gelingen kann, mit der Krankheit zu leben und wieder Freude am Leben zu empfinden. In den Selbsthilfegruppen (SHG) des Selbsthilfe-Bund Blasenkrebs (ShB) wird auch über neue Diagnose- und Therapiemöglichkeiten informiert, häufig in der Zusammenarbeit mit Fachärzten, die die ergänzende Leistung der Selbsthilfegruppen schätzen und unterstützen.
In Selbsthilfegruppen finden sich in der Regel bei fast allen Erkrankungen zwischen 5 und 20 % der Betroffenen zusammen. Beim Blasenkrebs ist auch diese Zahl wesentlich geringer. Das liegt zum Teil an der Altersstruktur, weil der Krebs hauptsächlich in den Lebensjahren ab 60 auftritt und der schon mehrfach erwähnten Tabuisierung. Weiterhin sind vor allem im ländlichen Bereich die Wege oft lang und in Ballungszentren wenden sich Betroffene und Angehörige eher an Ärzte und Kliniken, die hier häufiger vorhanden sind. Natürlich ist die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe nicht für jeden geeignet. Jedoch haben verschiedene Studien aus dem Psychosozialen Segment bewiesen, dass die Bewältigung der Krankheitserscheinungen in der SHG effektiver und nachhaltiger ist als ohne Besuch einer SHG. Eine Befragung (n=156) ergab folgende Bild:
Autor: Reinhard Heise Sprecher der Blasenkrebs-SHG Südniedersachsen/Göttingen im Selbsthilfe-Bund Blasenkrebs e. V.
Der Bericht findet sich auch auf meiner privaten Homepage.